30. Juli – 01. August 2010 – Lange lässt uns der Wetterbericht zittern, bis klar ist: Samstag und Sonntag wird es schön, wir können zu unserer Traumtour starten.
Erst einmal müssen wir aber die Mühen der Ebene hinter uns bringen: Der Ferienbeginn sorgt schon am frühen Nachmittag für lange Staus auf den Autobahnen. Wir dirigieren Sabine, die wir in Holzkirchen abholen wollten, zum Bahnhof nach Prien um und fahren von Erding über die Landstraße dorthin, wo wir praktisch zeitgleich ankommen. Der Rest der Fahrt Richtung Berchtesgaden ist zwar auch viel Verkehr, aber kein richtiges Problem.
Wir parken unsere Autos an der Wimbachbrücke und starten. Der Wegweiser behauptet, man brauche 4 ½ Stunden zum Watzmannhaus – mal schaun … ab und zu regnet es, aber meist ist es nur stark bewölkt.
Nach schließlich 2 ½ Stunden (Respekt, Leute!) erreichen wir die Hütte. Die netten Wirtsleute weisen uns ein eigenes Zimmer mit 8 Lagern zu, das passt genau für uns. Nach Waschen, Umziehen, Essen, Trinken ist es auch schon Zeit zum Schlafen gehen, denn wir wollen schon früh raus.
Am nächsten Morgen klingelt um halb fünf der Wecker. Wir schälen uns aus den Hüttenschlafsäcken; etwas zäh beginnt der Tag. Und draußen vor der Hütte erwartet uns noch starke Bewölkung … macht nix, wird schon noch. Ohne Frühstück ziehen wir los. Der Weg zum Hocheck zieht gleich gut an; der Sonnenaufgang erreicht uns auf halber Höhe zum Gipfel. Fotozeit!
Nach zweieinhalb Stunden haben wir das Hocheck mit gut 2600m erreicht – frischer, etwa fünf Zentimeter hoher Schnee bedeckt die Felsen. Das wird das Ganze etwas schwieriger machen. Egal; jetzt ist erst mal Zeit für das Frühstück in der Biwakhütte.
Nach dieser Stärkung ziehen wir den Hüftgurt mit dem Klettersteigset an und setzen die Helme auf; bei diesen Verhältnissen wird das nix schaden. Dann steigen wir – mit Blick hinüber zum Etappenziel Mittelspitze – los.
Es beginnt gleich ordentlich ausgesetzt, aber auch gut gesichert über den scharfen Grat. Der Schnee erweist sich als nicht ganz so hinderlich wie erwartet, trotzdem muss man gut aufpassen.
Mit vielen Aufs und Abs führt uns nun der Weg meist auf, manchmal neben dem Grat dahin.
Wer Tiefblicke nicht gut aushalten kann, ist hier falsch, aber unsere Gruppe erweist sich als ziemlich resistent (ja mei, gell). Nach etlichem, richtig Spaß machendem Herumkraxeln haben wir die Mittelspitze, 2713m, erreicht.
Noch aber haben wir erst ein Drittel des Gratweges hinter uns, Ohne viel Verzug machen wir uns deshalb wieder auf. Im zweiten Teil des Grates erwartet uns noch mehr Schnee, und weil er nun aufgrund der Tageserwärmung nicht mehr fest ist, sondern sulzig wird, ist so mancher kleine Rutscher nicht zu vermeiden.
Wir genießen die herrliche Tour, obwohl immer wieder Wolken die Aussicht auf Null bringen, aber alleine die Kletterei ist schon den ganzen Aufwand wert.
Und mancher hat völlig neue, bisher ungekannte Bergbegegnungen …
Schließlich erreichen wir den Endpunkt, die 2712m hohe Südspitze. Wir genießen unsere wohlverdiente Brotzeit gemeinsam mit anderen Grat- und Ostwandbezwingern. Leider haben die Wolken den Gipfel nun fest im Griff, so dass es nicht lohnend ist, unseren Aufenthalt länger auszudehnen.
Wir machen uns an den Abstieg, vor dem der Tourenleiter schon vorab als „grausam“ gewarnt hatte. Nach dem ersten Abschnitt, einem felsigen und steilen Durchstieg, erreichen wir eine Schotterhalde – aber auch hier kann man nicht von schönem Gehen sprechen. Und dann geht’s wieder hinein in die steilen Brösel … wenigstens sorgt unterwegs eine nur wenig scheue Gams für Abwechslung.
Aber auch der laaange Abstieg hat mal ein Ende, und wir sind sehr froh, endlich den Talgrund erreicht zu haben, auch wenn jede/r schon weiß, welcher Muskelkater auf ihn wartet … aber, Respekt: Den tapferen Teilnehmern ist kein Jammern zu entlocken.
Nach kurzer Wanderung im Wimbachgrieses erreichen wir endlich die Hütte. Die kühlen Getränke haben wir uns redlich verdient, und die Füße freuen sich, dass sie nach dieser sehr langen Tour aus den Bergschuhen dürfen. Mit den Wirtsleuten verstehen wir uns auch gleich wunderbar (und überhaupt: So eine nette Hütte!).
Wir beziehen unsere Lager, lassen es uns beim Abendessen noch gut gehen (danke für die Runde, Rüdiger!), gehen allesamt müde schon um halb zehn ins Bett und schlafen selig (soweit wir nicht von rüpelhaften Franken gestört werden).
Am nächsten Tag haben wir das Frühstück für halb acht vereinbart. Herrlichstes Bergwetter begrüßt uns, und nachdem sich alle von der gestrigen Tour gut erholt zeigen, können wir das nächste Ziel, den Hirschwieskopf, ins Auge fassen. Die Morgensonne leuchtet herrlich in die Palfenhörner über dem Wimbachgries und der Mond steht über den Gipfeln.
Wir steigen auf in Richtung Trischübel und zweigen kurz vor dem Übergang in Richtung Hirschwiese ab. Der Weg steigt nach der Diensthütte so steil an, dass wir schon Bedenken haben, wie unsere geplagten Oberschenkel den Abstieg verkraften werden … der Vorteil der Steilheit aber ist, dass wir in kurzer Zeit schon den Gipfel erreichen – und da leuchten die Augen: Der Ausblick von dort oben hinüber ins Steinerne Meer, ins Wimbachgries, zu Watzmann-Mittel- und Südspitze und hinunter zum Königssee ist überragend! Statt der geplanten halben bleiben wir deshalb gleich eine ganze Stunde am Gipfel. Wir können uns fast nicht mehr losreißen …
… aber es hilft nix, irgendwann muss man halt wieder runter. Der Abstieg ist dann weit weniger beschwerlich als angenommen, und so erreichen wir in guter Verfassung wieder die Hütte.
Wir machen noch Mittagsbrotzeit und nehmen den 12 Kilometer langen Abstieg zur Wimbachbrücke in Angriff. Der Weg zieht sich, aber schließlich nähern wir uns dem Endpunkt. Auf den Besuch der Wimbachklamm verzichten wir angesichts der fortgeschrittenen Zeit.
Am Auto ziehen wir uns um, verabschieden uns und machen uns auf den Heimweg; wunderschöne Bergtage gehen zu Ende.
Teilnehmer/innen: Eva-Maria Wolpert, Gerlinde Berghammer, Sonja Schupsky, Sabine Sautter, Birgit Welnhofer, Rüdiger Lindner, Hans Mau
Tourenleitung und Bericht: Hans Sterr