21.-25. Juli 2010, mit Alex Linke – Zugegeben: Ein wenig befremdlich ist es schon, in eine Gegend mit einem so wenig einladenden Namen zu fahren. Wie sich aber herausstellt, ist dieses Gebirge alles andere als tot und lohnt jederzeit auch längere Besuche.
21. Juli
Da unser Ziel von Erding aus nicht gerade ums Hauseck liegt, fahren wir mit unserem Tourenleiter Alex Linke schon frühmorgens um sechs Uhr los. Zunächst zu fünft im Auto, aber in Holzkirchen-Föching treffen wir auf Moni und Ingrid; Hans steigt in deren Auto um, und jetzt haben es für die dreieinhalbstündige Fahrt nach Gössl am Grundlsee alle bequem. Am kostenlosen (ja, das gibt’s noch!) Wanderparkplatz in Schachen stellen wir unsere Autos ab, und schon kann bei herrlichstem Sonnenschein der (schweißtreibende) Aufstieg beginnen.
Trotz der Hitze genießen wir den Aufstieg; hin und wieder gestattet uns der Wald Ausblicke auf die umliegenden Berge und hinunter zum See. Schließlich öffnet sich der Wald, und wir steigen nun durch offenes Gelände weiter. Wir überschreiten das Drausengatterl und erreichen nun ein erstes landschaftliches Kleinod: Wie ein norwegischer Fjord liegt der Untere Lahngangsee vor uns. Ein wahrer Traum …
Zwar haben wir keine Zeit für ein Bad, aber wenigstens die Füße müssen zur Abkühlung ins Wasser. Wir setzen unseren Weg am nördlichen Seeufer fort und freuen uns dabei über das kristallklare und trotzdem smaragdfarben schillernde Wasser. Am Ende des Sees geht es nun etwas steiler bergan; den Oberen Lahngangsee sehen wir dann tatsächlich nur von oben. Wir erreichen die Elmgrube mit kurzer Rast und steigen dann weiter, bis wir „Emils Tränenhügel“ erreichen: Der Finanzier und Namensgeber der Pühringer Hütte soll vom ersten Anblick der neu erbauten Hütte von diesem Punkt aus so ergriffen gewesen sein, dass er vor Freude in Tränen ausbrach … zwar verbirgt sich die Hütte heute von diesem Punkt aus hinter Bäumen, aber etwas weiter unten hat man tatsächlich einen wunderschönen Blick: Der Hüttenkessel mit Elmsee und dahinter der breite Riegel von Elfer, Zehner und Neuner liegt vor uns. Nur noch kurz, dann haben wir die Hütte erreicht.
Wir werden freundlich begrüßt und können auch gleich unser Lager beziehen. Nach Brotzeit und isotonischem Getränk hält es die Wasserratten dann nicht länger: Wir gehen runter an den See und schwimmen eine Runde (und erledigen so die nötige Körperhygiene gleich mit). Der Elmsee ist zwar um etliche Grad kühler als der Lahngangsee, aber da es sehr heiß ist, kann man sich schnell wieder aufwärmen; ein am Ufer liegender großer Felsen bietet eine ideale Liegefläche.
Danach machen wir es uns auf der Hüttenterrasse bequem und genießen sowohl Speis und Trank als auch den malerischen Sonnenuntergang an der Elfermauer. Um zehn Uhr findet der lange Tag ein gutes Ende mit einem verdienten Schlaf.
22. Juli
Während die anderen noch schlafen, klingelt um vier Uhr für einen Fotografen bereits der Wecker: Sonnenaufgangsfotos locken. Der Aufstieg mit Stirnlampe durch Latschen und Karst Richtung Schoppenkopf ist etwas beschwerlich, aber schließlich kann das Stativ auf einem kleinen Felsplateau aufgebaut werden. Rechtzeitig für die Dämmerung, die hinter den Gipfeln von Zwölfer und Elfer aufzieht, umgeben von völliger Stille und nur begleitet von herumschwirrenden Fledermäusen. Also gar nicht tot, nur sehr, sehr ruhig …
Nach der Rückkehr zur Hütte strecken auch die anderen schon ihren Kopf aus dem Hüttenfenster. Nachdem sich die Sonne auch schon auf die Hüttenterrasse vorwagt, können wir dort auch frühstücken (außer denen, die fasten) und die Tour des heutigen Tages besprechen: Auf den Hausberg der Hütte, den 2128m hohen Elm, soll uns heute der Weg führen.
Von der Hütte aus steigt dieser Weg zunächst steil an, ist aber immerhin noch auf der Nordseite und deshalb noch nicht so heiß. Wir erreichen den Kamm, wo der Weg etwas flacher weiter verläuft, aber trotzdem die eine und andere steinige Felsstufe bereit hält. Der Pfad ist nicht schwierig, erfordert aber durch das unebene Karstgelände trotzdem hohe Aufmerksamkeit. Dennoch macht das Herumklettern in den verwitterten Kalkformationen großen Spaß.
Ein letzter Steilaufschwung, dann haben wir den Gipfelkamm erreicht und stehen nach kurzer Zeit am höchsten Punkt, wo sich gleich zwei Gipfelkreuze finden; eines ist als Mahnmal für einen verstorbenen Bergsteiger aufgestellt worden – Totes Gebirge mal anders …
Eine ausdauernde Mittagspause schließt sich an; unsere „Fastenkönigin“ bezwingt einen ganzen (!) Müsliriegel. Die Hitze hat die Luft etwas diesig werden lassen und nimmt uns leider die klare Sicht zu den tiefer liegenden Bergseen und hinüber zum Dachstein.
Nach mehr als einer Stunde Gipfelrast machen wir uns wieder auf und gehen den gemächlichen Abstieg an, den wir immer wieder für die prächtige Rundschau in das herrliche Landschaftspanorama (die Luft wird klarer) und zum Fotografieren unterbrechen.
Am frühen Nachmittag erreichen wir wieder die Hütte. Wir lassen es uns auf der Terrasse wieder gut gehen; einzig vor der brennenden Sonne muss man sich schützen.
Natürlich brechen wir auch wieder auf zum Baden im Elmsee, und weil wir heute mehr Zeit haben, können wir zu mehreren Durchgängen ins Wasser. Wir liegen auf dem Felsen in herrlicher Ruhe zum Aufwärmen – bis irgendwo ein Bus mit Holländern stehen geblieben sein muss: Eine ganze Wagenladung lärmender Kinder und nicht minder lauter Eltern ergießt sich plötzlich von irgendwo her an den See. Vorbei ist’s mit der Idylle … aber wir haben den Genuss schon so lange, dass wir ohne Gemurre (na ja) den Rückzug zur Hütte antreten.
Wir finden unseren Stammplatz wieder und lassen es uns durchaus gut gehen; die gute Küche (großes Lob!) tut das Übrige zu unserem Wohlgefühl. Norbert, unser Hüttenwirt, lässt sich sogar breitschlagen, dass er uns eigens zum Abendessen noch jede Menge Kaiserschmarrn zubereitet. Einziger Wermutstropfen: Der Himmel bewölkt sich mehr und mehr … wird uns das gute Wetter doch nicht schon allzu früh verlassen?
23. Juli
Der Morgen ist grau und wolkenverhangen, aber wenigstens ab und zu zeigen sich auch blaue Stellen am Himmel. Trotz der Wolken ziehen wir gut gelaunt los, zunächst am Elmsee vorbei wieder zur Elmgrube.
Von dort zweigt nun der Weg ab zum „Abblaser“ – so windig ist es dort aber dann gar nicht. Fernsicht gibt es heute nicht, aber wir genießen die in voller Blütenpracht stehenden Wiesen. Erst oben am Übergang zieht dann doch der dichte Nebel herein. Wir genießen den abwechslungsreichen Weg trotzdem und beobachten die Gemsen , die an den Steilhängen über uns grasen (und sie beobachten uns).
Am Abzweig zum Gipfel des „Redenden Steins“ beschließt unser Tourenführer Alex demokratisch, dass wir uns den Aufstieg mangels Sicht sparen, und das Wahlvolk fügt sich ohne Murren. Als Ausgleich wählen wir den etwas längeren Oberen Seeweg über den Henar-See zur Albert-Appel-Hütte. Die Kühe am See, die sich durch uns durchaus gestört fühlen, sorgen für einen kurzen Spannungsmoment; die Hörner bleiben uns aber doch erspart.
Beim Abstieg zur Hütte kommt dann kurz die Sonne heraus und nährt die Hoffnung, dass der Wetterbericht vielleicht doch nicht recht hätte – mal schaun! An der Hütte gibt’s dann erst mal Kaffee, Kuchen und ausgezeichnete Palatschinken, bevor wir unser Zimmer beziehen.
Lange hält es uns dann aber auch nicht auf der Hütte; wir steigen zur nicht bewirtschafteten Wildenseehütte ab und ein Teil der Gruppe dann auch weiter zum Wildensee selbst. Der hüllt sich aber in dicken Nebel, so dass wir von der Landschaft ringsum nichts sehen. Das hindert Wassernixe Ingrid aber nicht daran, eine Runde im See zu schwimmen.
Beim Rückweg schaltet Petra dann den Turbo zu und schleift uns hinter sich her, so dass wir in Rekordzeit wieder an der Hütte sind – rechtzeitig, bevor der große Regen einsetzt … wir machen es uns im Gastraum bequem und lassen uns von den sehr netten Wirtsleuten mit isotonischen Getränken versorgen.
Zum Abendessen treffen wir uns dann wieder alle in der Gaststube, und da wartet eine Überraschung auf uns: Ein Klavierspieler (der Almhirt von etwas unterhalb der Hütte) spielt aus seinem reichhaltigen Repertoire auf – das hat man nicht alle Tage auf einer Berghütte … und ein weiterer Almbauer am Nebentisch singt eifrig die Lieder aus dem Rosenkavalier und anderen Operetten mit.
Da darf man sich natürlich nicht lange bitten lassen und muss selbst ein Lied zum Besten geben – und als dann das „Köpferl im Sand“ gesungen wird, kann der Almbauer sogar da beim Text wieder mithalten. Bester Stimmung setzen sich jetzt alle an unseren Tisch (neben dem Klavierspieler und dem Almbauern noch der Wirt und ein ausgesprochen nettes Grazer Paar, Martina und Gustl, die wir schon auf der Pühringer-Hütte kennen gelernt haben), und es wird mit schönen Liedern und guten Gesprächen einer der schönsten Hüttenabende seit langem. In regelrecht seliger Stimmung gehen wir um ein Uhr zu Bett.
24. Juli
Der Samstagmorgen ist so wie erwartet: Starker Regen und heftiger Wind trüben den Tag. Da erübrigt sich die heutige Tourenplanung. Die einen legen sich nach dem Frühstück gleich wieder hin, die anderen spielen Karten. Die Zeit tröpfelt dahin … und statt dass das Wetter besser würde, werden Regen und Sturm immer stärker. Das hält die ganz Harten aber nach dem Mittagessen nicht davon ab, eine kleine Wanderrunde zu drehen; der größere Teil der Gruppe aber verzichtet dankend auf das Vergnügen.
Für den Abend haben sich dann wieder Musikanten angekündigt. Liederbücher werden verteilt, und auch wir singen dann das eine oder andere Volkslied mit – die Musikanten gehen ja auch auf unsere Liederwünsche ein. Leider sind auch Bayern (angeblich, denn keiner von denen scheint bayrisch zu können) da und tragen ihr Verständnis von Hüttenmusik bei – die Halligalli-Bierzelt-Variante allerdings. Nerv. Und so gehen wir heute schon früher zu Bett (während die Musiker angeblich bis drei Uhr früh durchhalten). Merke: Nicht jeder Bayer ist ein guter solcher.
25. Juli
Die gute Nachricht: Es hat aufgehört zu regnen. Von gutem Wetter kann man trotzdem längst noch nicht reden. Immerhin schaut es so aus, dass wir trocken ins Tal kommen werden. Wir frühstücken gemütlich (vom tollen Frühstücksbuffett der Hütte), packen unsere Sachen und machen uns an den Abstieg nach Grundlsee.
Wir verzichten (demokratische Entscheidung von Alex) wegen des mäßigen Wetters auf den eigentlich geplanten Aufstieg zum Backenstein und nehmen stattdessen den direkten Weg hinunter zum Grundlsee. Beim Abstieg treffen wir wieder unsere entscheidungsfreudigen Freunde aus Graz – entscheidungsfreudig heißt, dass sie innerhalb kürzester Zeit mehrfach ihre Meinung ändern können und völlig neue Pläne schmieden. Das nenne ich spontan!
In Grundlsee wollten wir eigentlich das Boot zurück zum Ausgangspunkt nehmen, aber der Fahrplan und der vom starken Wind aufgewühlte See stehen dagegen. So fahren wir mit dem Bus zurück, auf den wir nur ein paar Minuten warten mussten. Der Busfahrer lässt uns außertourlich am Wanderparkplatz aussteigen – und am Auto folgt der Schreck: Alex hat seinen Geldbeutel im Bus liegen lassen. Rein ins Auto und hinterher … und er bekommt ihn an der Endhaltestelle wieder. Gut, dass außer uns niemand im Bus war.
Wir kehren noch in einer kleinen Wirtschaft am See zu Mittag ein und machen uns dann auf die Heimfahrt. Eine sehr schöne Tour geht zu Ende, und dass das Wetter am Samstag und Sonntag so schlecht war, hat fast nichts ausgemacht, weil der Rest so schön war. Das Tote Gebirge erwies sich als (mit Ausnahme des Handy-Empfangs) alles andere als tot, sondern als wunderschönes Wandergebiet. Und das Tourenziel für nächstes Jahr haben wir uns beim Alex auch schon gewünscht – auf dass er demokratisch entscheiden möge. Danke, Alex!
Tourenleitung: Alex Linke
Teilnehmer: Petra Roming, Monika Hofer, Ingrid Huber, Michaela Kollmannsberger, Beate Schmidt, Hans Sterr (Bericht)