Ratsch-Bladl Archiv 2 – DAV Alpenkranzl Erding Alpenkranzl-Informationen 05/2009-08/2010

5.8.2009

Hochtour auf den Großvenediger (3667 m)

Filed under: Tourenberichte — admin @ 19:55

25. – 26.07.2009 – Unüblicherweise möchte ich den Tourenbericht beginnen mit einer Begebenheit am Ende der Tour: Der Tourenleiter, Matthias Ruderer, fragte noch mal nach, ob dies tatsächlich meine erste Gletschertour nach meinem Gletscherkurs letztes Jahr war. Nachdem ich dies bejahte, entgegnete Matthias lächelnd, ob ich schon wüsste, dass dies mit Verpflichtungen für mich verbunden ist. Mir wurde heiß und kalt; ich bekam ein schlechtes Gewissen! Habe ich gegen einen Bergsteiger-Ehrenkodex verstoßen? Hätte ich „einen ausgeben“ müssen? Stand mir noch eine „Gletschertaufe“ (Übergießen mit „lackem“ Bier o. ä.) bevor oder musste ich noch im eiskalten Gebirgsbach baden (was angesichts der Temperaturen gar nicht so unangenehm gewesen wäre) ???

Matthias aber erlöste mich von meinen quälenden Fragen. Er fragte mich, ob ich den Tourenbericht schreiben würde. Ich sagte sofort zu, den Tourenbericht für diese Traumtour zu schreiben. Nun also von Anfang an:

Ursprünglich war die Tour auf den Großvenediger als 3-Tages-Tour geplant:

  • Freitag, 24.07.09, Aufstieg aus dem Virgental von der Bodenalm auf die Eisseehütte.
  • Samstag, 25.07.09, über den Gletscher am Wallhorner Törl, vorbei am Hohen Zaun, Rainerhorn und Schwarzer Wand über das Mullwitzkees auf den Großvenediger und Abstieg auf das Defreggerhaus.
  • Sonntag, 26.07.2009, vorbei an der Johannishütte über die Sajatscharte zurück zur Bodenalm.

Da aber der Wetterbericht für Samstag nicht sehr verheißungsvoll war, entschied Matthias am Donnerstag die Tourendauer auf zwei Tage zu verkürzen und den Tourenverlauf abzuändern:

  • Samstag Aufstieg von Hinterbichl zum Defreggerhaus, dort Übernachtung;
  • Sonntag Aufstieg zum Großvenediger und Abstieg über das Defreggerhaus und die Johannishütte wieder nach Hinterbichl

So trafen wir (Matthias, Alex, Hans, Sonja, Rudi, Werner und ich) uns am Samstag um 08.00 Uhr in Altenerding am S-Bahnhof. Hans und Rudi stellten sich als Fahrer zur Verfügung und wir machten uns sogleich auf den Weg nach Osttirol ins Virgental. Als wir gegen 12.00 Uhr in Hinterbichl ankamen, wartete bereits der achte Touren-Teilnehmer, Jörg, auf uns. Da er die Woche über bereits im Ötztal unterwegs war, war er direkt ins Virgental gefahren.

Um am späten Nachmittag auf dem Defreggerhaus noch Spaltenbergung üben zu können, entschied Matthias, dass wir für den „Aufstieg“ bis zur Johannishütte das „Venediger-Taxi“ in Anspruch nehmen werden. Das Taxi brachte uns sicher zur Johannishütte und so ersparten wir uns ca. 2 ½ Stunden Aufstieg. Gegen 12.45 Uhr machten wir uns dann bei leichter Bewölkung von der Johannishütte (2121 m) auf den Weg zum Defreggerhaus (2962 m).

Murmel, lebend

Bereits kurz nach der Johannishütte sahen wir einige Murmeltiere. Gleich das erste posierte äußerst fotogen „Männchen machend“ auf einem Grashügel. Da es sich überhaupt nicht bewegte und bereitwillig von allen fotografieren ließ, mutmaßten bereits einige, dass es sich um ein präpariertes („ausgestopftes“) Exemplar handelte, das extra für „Touris“ aufgestellt worden war. Aber kaum war dieser Gedanke ausgesprochen, huschte das Murmeltier auch schon in einen der zahlreichen unterirdischen Gänge.

Schlechtwetter am Defregger

Später zog es zu und das Wetter wurde immer schlechter. Zunächst nieselte es leicht. Dieser Nieselregen ging dann in Graupelschauer über und kurz vor dem Defreggerhaus begann es dann leicht zu schneien. Trotzdem kamen wir nach ca. 2 ½ Stunden gegen 15.15 Uhr wohlbehalten auf dem Defreggerhaus an. Nach dem Beziehen der Lager und einer kleinen Stärkung wurde dann noch Spaltenbergung geübt. Für diejenigen, die nicht so häufig auf Gletschern unterwegs sind, war dies sicherlich sehr hilfreich, um das Wissen für den hoffentlich nicht eintretenden Fall der Fälle aufzufrischen.

Voller Peil am Seil

Beim Abendessen kam dann eine „heiße“ Diskussion über Zeitpunkt des Aufbruchs am Sonntag zwischen Matthias und Hans auf. Matthias wollte erst gegen 07.30 Uhr los, während Hans spätestens um 07.00 Uhr aufbrechen wollte (er „musste“ schließlich am Sonntag um 22.00 Uhr noch aufs Sinnflut in Erding!). Nach einiger Zeit konnte sich Hans doch durchsetzen (Anm. admin: Lüge!) und wir vereinbarten, um 06.00 Uhr aufzustehen und um 07.00 Uhr Richtung Großvenediger aufzubrechen. Doch es kam anders …

Bereits ab 05.00 Uhr herrschte Unruhe im Lager und die anderen Seilschaften machten sich aufstiegsfertig. Als schließlich auch noch der Hüttenwirt gegen 05.30 Uhr mehrfach laute „Hallo“-Weckrufe durch die Lager schallen lies, war die Nachtruhe endgültig vorbei und wir standen zum Frühstück auf. So konnten wir uns bereits gegen 06.50 Uhr bei strahlend blauem Himmel (aber kaltem Wind) auf den Weg Richtung Großvenediger machen.

In Reih und Glied

Als wir nach ca. 30 Minuten Aufstieg am Mullwitzaderl ankamen, entschied Matthias -in Anbetracht der hervorragenden Verhältnisse am Inneren Mullwitzkees (der Neuschnee der letzten Wochen war hart gefroren und keine Gletscherspalten zu erkennen) – doch diesen Aufstiegsweg zu wählen und nicht den längeren Weg nördlich des Rainerhorns zu wählen.

Am Mullwitzaderl

Wir legten unsere Steigeisen an und teilten uns in zwei 4er-Seilschaften auf:
1.    Seilschaft: Matthias, Sonja, Hans und Werner
2.    Seilschaft: Alex, Rudi, Jörg und ich

Bereits jetzt genossen wir die sagenhafte Fernsicht: Blick bis in die Dolomiten, Drei Zinnen, Marmolada usw.

Noch am unteren, flachen Teil des Inneren Mullwitzkees erlebte die 2. Seilschaft das „Highlight“ der Tour. Der Führer der Seilschaft, Alex, verschwand zunächst bis zur Hüfte und nach einer kleinen Bewegung schließlich mit seiner „ganzen Körperlänge“  in einer nicht erkennbaren Gletscherspalte. Aufgrund vorbildlicher Seilschafts-Disziplin konnte sein Spaltensturz jedoch nach geringer Sturztiefe abgefangen werden. Alex konnte sich mit Hilfe seines Pickels selbst aus der Spalte rausziehen.

Nach 3 Stunden waren wir schließlich am Gipfelgrat des Großvenediger angelangt. Nachdem bei diesem besten Wetter verständlicherweise zahlreiche andere Seilschaften mit uns dort eintrafen, hieß es Geduld haben. Da der Grat zum Gipfel nur „einspurig“ zu begehen war, mussten wir warten, bis Seilschaften vom Gipfel wieder heruntergingen. Doch bei diesem Ausblick machte uns das nichts aus.

Einsamkeit am Gipfel

Am Grat hatte ein Teilnehmer (Name wird selbstverständlich nicht genannt) aufgrund der Ausgesetztheit ein „kleines Problem“. Aber mit der psychologischen Unterstützung von Hans wurden auch die letzten Meter geschafft.

Gratwanderer vor Großglockner

Wir genossen die herrliche Rundum-Fernsicht und ließen das obligatorische Gipfelfoto machen. Da es doch sehr windig war und wir auch den nachfolgenden Seilschaften auf dem Gipfel Platz machen wollten, verließen wir den Gipfel bald wieder.

Es geht so grad am Grat

Für die Brotzeit suchten wir uns stattdessen ein windgeschützteres Plätzchen knapp unterhalb des Gipfels am Oberen Keesboden. Da der Schnee nun aufgeweicht war, konnten wir uns vor dem weiteren Abstieg (gleicher Weg wie Aufstieg) der Steigeisen entledigen.

Bei der Überschreitung des Gletschers war es mittlerweile sehr warm geworden. So waren wir froh, nach dem Gletscher das Seil und die warme Kleidung ablegen zu können. Gegen 12.30 Uhr trafen wir wieder auf dem Defreggerhaus ein. Nach einem „Belohnungs-Weißbier“ und dem Einpacken des in der Hütte hinterlegten Gepäcks machten wir uns gegen 13.00 Uhr auf den restlichen Abstiegsweg über die Johannishütte zurück nach Hinterbichl.

An der Johannishütte angekommen war noch mal eine kleine Stärkung angesagt (Kaffee und Preiselbeer-Krapfen o.ä.). Bei diesem überwältigendem Wetter wollte der ein oder andere doch lieber wieder Richtung Defreggerhaus und Großvenediger aufsteigen als ins Tal abzusteigen, nach Hause zu fahren um am Montag wieder in die Arbeit zu gehen. Doch es half alles nichts: Mit einem wehmütigen Blick zurück zum schneeweiß hervorblitzenden Großvenediger verabschiedeten wir uns endgültig und nahmen das letzte Stück des Abstiegs (insgesamt 2180 Hm) in Angriff.

Fußbad mit vollem Einsatz

Gegen 16.15 Uhr trafen wir am Parkplatz in Hinterbichl bei unseren Autos ein und traten nicht ohne das obligatorische, äußerst wohltuende Fußbad die Heimreise an, so dass wir wohlbehalten um ca. 20.00 Uhr in Erding ankamen. (Hans kam also noch rechtzeitig zum Sinnflut.)

Rückblick zum Venediger

Danke noch mal an Matthias für die hervorragende Tourenführung und vor allen Dingen die weise Entscheidung die Tour so zu ändern, dass wir am Gipfeltag bestes Wetter und einmalige Fernsicht hatten. Hans und Alex konnten zu Recht sagen: „Aller Guten Dinge sind drei“. Sie waren bereits je zweimal auf dem Gipfel des Großvenediger, hatten dabei allerdings, wie sie sagten: „Null Sicht“.

Tourenleitung: Matthias Ruderer / Alex Lechner
Teilnehmer: Hans Sterr, Sonja Schupsky, Rudi Riepl, Werner Rypalla, Jörg Gisbert, Martin Wegmeier (Bericht)
Fotos (außer „Fußbad“): Hans Sterr

Das ist ja der Gipfel!

Ein Kommentar »

  1. Servus Martin,

    bei so guten Tourenberichten sollte es aber nicht der Letzte gewesen sein. Herzlichen Glückwunsch für diesen Einstand.

    Michael Kreuz
    (Ausbildungsreferent)

    Kommentar by Michael Kreuz — 8.8.2009 @ 10:28

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