In der Höhe sinkt das Risiko für Herzinfarkt und Hirnschlag – Wer wissen möchte, wie es um seine Lebenserwartung bestellt ist, sollte auch einen Blick auf den Höhenmesser werfen. Wie ein Team um David Fäh vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich in der Fachzeitschrift Circulation (online) berichtet, wirkt sich eine höhere Lage des Wohnorts günstig auf Herz und Gefäße aus. Pro 1000 Meter über dem Meeresspiegel sinke das Risiko, an einem Herzinfarkt oder Hirnschlag zu sterben, um dramatische 22 beziehungsweise 12 Prozent, sagen die Forscher.
Ein weiteres überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass bereits ein höher gelegener Geburtsort einen zusätzlichen Überlebensvorteil schafft. „Wer also im Engadin zur Welt gekommen ist und auch dort lebt, hat ein geringeres Herz-Kreislauf-Sterberisiko als ein Zuzügler aus dem Unterland“, erläutert Fäh. „Und im Engadin Geborene, die nachher in tieferen Lagen leben, behalten einen Teil des schützenden Höheneffekts.“
Bislang gab es nur wenige und widersprüchliche Untersuchungen über die gesundheitlichen Auswirkungen der Höhe. Die neue Studie hingegen beruht auf den Daten von immerhin 1,64 Millionen Deutschschweizern, die über einen Zeitraum von zehn Jahren in der sogenannten Swiss National Cohort erfasst wurden, einer langfristig angelegten, soziodemographischen Datenbank. Erfasst wurden Menschen im Alter zwischen 40 und 84 Jahren, die in Höhen zwischen 259 bis 1960 Metern leben.
„Eine zweifellos seriöse und zuverlässige Studie“, kommentiert der Präventionsspezialist Helmut Gohlke, Chefarzt des Herz-Zentrums Bad Krozingen die neue Arbeit. Er kritisiert allerdings, dass in der Statistik der Schweizer Epidemiologen die klassischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten nicht erfasst seien. Schließlich sei es plausibel, dass sich Bergbewohner zum Beispiel mehr körperlich anstrengten.
Stimmt nicht, sagen wiederum die Forscher um Fäh: Aus anderen Untersuchungen wisse man, dass Bewohner höherer Lagen ähnlich häufig wie Flachlandbewohner rauchen, sich ungesund ernähren, unter Übergewicht leiden und sportliche Aktivitäten scheuen. Fäh vermutet, dass klimatische Faktoren wie Luftqualität und Sonnenstrahlung sich positiv auswirken. Auch die Anpassung des Körpers an die Höhe könnte die Gefäße schützen. CHRISTIAN WEBER
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.173, Donnerstag, den 30. Juli 2009 , Seite 16